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2011
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Sonntag, der 23.01.2011, Oberschwarzach erfüllt sein Pestversprechen, und das zum 400. Male.

Noch nie zuvor habe ich an Sebastiani so viele Leute am Marktplatz erlebt. Steigerwaldkapelle, Bürgerwehr in stattlicher Zahl, Fahnenabordnungen, Ehrengäste, Prominenz, Ortsansässige und Ehemalige, teils weit angereist. Presse, Rundfunk und Fernsehen, alles tummelt sich wenig überschaubar auf dem Exerzierplatz.

Großer Bahnhof im wahrsten Sinne des Wortes, und wie auf einem solchen geht es auch zu.

 

Ein regelrechtes Brausen liegt in der Luft, hunderte Stimmen, Sprechfunk, Füßescharren, Instrumente-Testen und Waffenklirren. Alles vereinigt sich zu einem kleinen Orkan an Geräuschen. Dann, zu den ersten Kommandos des Zugführers, wird es fast schlagartig ruhig. Das Durchzählen ist schon gut verständlich, und als der Hauptmann mit seinen Offizieren und der Kranzabordnung die Bürgerwehr abschreitet, ist nahezu Stille.

 

Die Meldung des Zugführers zur Truppenstärke, das obligatorische „Guten Morgen, Bürger“ und die Erwiderung der Mannschaft „Guten Morgen, Herr Hauptmann“ - gewohnt zackig - wie oft geübt und einstudiert.

 

Große Momente vor solcher Kulisse, auch als sich die lange Parade mit den Ehrengästen in Marsch setzt und das ganze Ritual minutiös abläuft. Eigentlich so wie immer, doch trotzdem von allem ein bischen mehr.

 

Ein großes und meiner Meinung nach gelungenes Jubiläum, ich bin froh, dabei gewesen zu sein.

 

 

 

 

Alles in allem also soweit in Ordnung. Und doch gibt es eine Kleinigkeit, die mich persönlich etwas gestört hat.

Es ist nicht das Fest, der Ablauf oder der Rahmen, sondern wie das Ordinariat mit unserem Jubiläum umging.

In  Würzburg wurde aus dem 400 Jahre Sebastiani in Oberschwarzach die Eröffnung der Feierlichkeiten für eine bevorstehende Selig-sprechung, das Jubiläum wurde auf diese „Eröffnerrolle“ reduziert.

Im Internetbericht des „POW“ – Pressestelle des Ordinariats Würzburg war von einem 400-jährigen Jubiläum keine Rede, nur eben von der Eröffnung der Seligsprechungsfeiern.

Nach nicht einmal zwei Minuten war in der Predigt unseres Bischofs Dr. Friedhelm Hofmann Themawechsel von Sebastiani zur Seligsprechung. Nun, Thema verfehlt.

 

Der Versuch, den Pfarrer zu Pestzeiten Johannes Kraus mit dem Pfarrer zu Kriegszeiten Georg Häfner in Waage zu bringen funktioniert hier nicht.

Pfarrer Kraus opferte sich für seine Gemeinde, indem er – so wie geschrieben steht – furchtlos in die von der Pest befallenen Häuser ging und für die Menschen sein bestes tat, bis er selbst erkrankte.

Pfarrer Häfner, und das wird auch von der Kirche betont, opferte sich in Dachau für seinen Glauben. Dies ist mehr eine individuelle und ideelle Geschichte.

 

Das könnte ein Grund sein, warum auch nach 400 Jahren ein treues Gedenken an Pfarrer Kraus erhalten ist, andere aber nach einem Zehntel dieser Zeit vergessen sind.

Langer Rede kurzer Sinn: Meiner Auffassung nach wäre es erforderlich gewesen, das Jubiläum mit seiner Bedeutung so zu belassen, wie es das verdient hätte.

 

                                                    Walter Kieswetter